Der Jahrgang 2021 steht vor der Tür, zum Teil sind einige Gutsweine bereits abgefüllt. Wir sind schon sehr gespannt, was die Weine aus einem verhältnismäßig kühlen und feuchten Jahr zu bieten haben.
Für uns Zeit, den Jahrgang 2020 uns noch einmal vorzunehmen.
2020 Ähnlich warm wie 2018, nur nicht so trocken
Natürlich kann per se nie alles über einem Kamm geschoren werden, denn bei 13 unterschiedlichen Anbaugebieten sind selbstverständlich die Umstände und Ergebnisse selten deckungsgleich. Und auch in der Beurteilung gibt es verschiedene Lager. Am Beispiel Jahrgang 2018 vs. Jahrgang 2019 konnte man das fantastisch festmachen. Wo die einen sagen, dass 2018 doch so ein tolles Jahr gewesen ist, weil die Weine vollmundig, fruchtig-opulent und säureärmer sind, sagen die anderen, dass das wesentlich kühlere 2019 aufgrund der attraktiveren Säurestruktur sie viel mehr anlächelt. Tatsächlich ist es schwierig, solche Diskussionen objektiv zu führen, denn wie heißt es so schön: Wenn eines subjektiv ist, dann ist es der Geschmack!
Das Jahr 2020 begann mit keinem richtigen Winter. Milde Temperaturen und viel Niederschlag sorgten für eine frühe Triebentwicklung. Die Entwicklung verläuft zumindest logisch, denn auch in Deutschlands Weinanbaugebieten wird es immer wärmer. Zumindest ist es die letzten Jahre so gewesen. Für sehr langsam reifende Rebsorten wie dem Riesling ist dieses Szenario auf den ersten Blick erst einmal nicht optimal, so liebt sie es doch, eine lange Vegetationsperiode zu haben und bis in den Oktober oder sogar zum Teil November durchzumachen. Je länger die Traube reifen darf, desto physiologisch reifer wird die Traube, ohne dabei ihre Säure zu verlieren. Deshalb sagen nicht wenige in der Weinbranche, dass der Jahrgang 2019 einer der besten Riesling-Jahrgänge war, welche wir in den letzten Jahren verzeichnen konnten. Die kühleren Temperaturen und die rechtzeitigen Regen- bzw. Sonnenphasen sorgten für eine gleichmäßige und im Gegensatz zu 2018 oder 2020 längere Vegetation. Der Riesling oder auch der Chardonnay konnte physiologisch ausreifen, blieb dabei aber vibrierend und säurehaltig, sodass die Weine später ein großes Entwicklungspotenzial mit sich brachten.
2020 hingegen verlief alles schneller. Die Beeren reiften zum Teil sehr schnell und der Wasservorrat wurde immer weniger, denn was im Februar noch vom Himmel fiel, blieb im Juni und Juli, aus. Tiefgründige Böden, wie der Kalkstein oder der Buntsandstein (häufig in Rheinhessen oder Pfalz aufzufinden) waren hier im Vorteil, denn diese sind in der Lage, ihre Wasservorräte deutlich nachhaltiger zu speichern. Flachgründige Böden wie der harte Schiefer oder das Vulkangestein (bspw. Mosel oder Nahe) waren hier durchaus im Nachteil.
Die Trauben reiften über den Sommer hinweg schnell, die physiologische Reife wurde in nahezu allen Anbaugebieten sehr schnell erreicht. Ein Kaltlufteinbruch sorgte jedoch dafür, dass die meisten Winzer ihre Trauben in kürzester Zeit ins Weingut holen mussten, bevor ein großer Teil der Ernte flöten ging. Eine Turboernte also! Es wurde durchschnittlich weniger gelesen, dafür qualitativ hochwertig und reif.
Unsere 2020 Favourites im Überblick
2020er Grauburgunder
Dreissigacker Grauburgunder – Rheinhessen
Seit Jahren liefert Dreissigacker ohne Ende ab. Nicht ohne Grund gehört er mittlerweile zur absoluten Elite im deutschen Weinbau und erhält insbesondere im Weißwein-Segment überragende Auszeichnungen. Beim Thema Grauburgunder zeigt er, wenn man sich Mühe gibt, dass auch der Grauburgunder attraktiv und spannend sein kann. Sein Gutswein-Grauburgunder ist ein Paradebeispiel dafür. Anders als vielen anderen Grauburgunder, ist das Säuremanagement bei diesem Wein auf den Punkt getroffen. Der 30%-ige Ausbau im Holz gibt dem Wein eine gewisse Komplexität mit, ohne dass der Wein am Ende kompliziert ist. Frucht und intelligent eingebundene Fruchtsäure sorgen für einen hohen Trinkfluss.
Dr. Crusius Grauburgunder – Nahe
Dr. Crusius haben wir bereits lange im Sortiment, und das aus voller Überzeugung – die Qualitäten sprechen für sich. Den Grauburgunder haben wir dieses Jahr allerdings das erste Mal mitbezogen. Eine Spur schlanker und mineralischer als bspw. der Grauburgunder von Dreissigacker. Erklärbar durch die Herkunft. Die kühleren und kargeren Umstände an der Nahe sorgen für mehr Kräutrigkeit, vielleicht auch mehr Frische. Dieser Grauburgunder ist so elegant und frisch, dass man zunächst nicht vermuten mag, dass es ein Grauburgunder ist. Sehr trinkanimierend!
2020er Weißburgunder
Reichsrat von Buhl Weißburgunder – Pfalz
Das prestigeträchtige VDP. Weingut aus der Mittelhaardt haben wir letztes Jahr für uns entdecken dürfen. Die überragenden Rieslinge sind insbesondere im gereiften Zustand ein Segen. Aber auch die Gutsweine, wie eben dieser frische Weißburgunder, sind handwerklich einfach stark. Schmelzig und durch den trockeneren Ausbau sehr zitrisch. Auch ein toller Essensbegleiter zur leichten Küche.
Josef Milz Weißburgunder Magna Charta – Mosel
Dieser Weißburgunder haut einen wahrlich um. Extravagant, denn das neue Barrique-Fass, wo der Wein nach der Reifung im Stahltank für drei Monate verbringen durfte, geben diesem Weißburgunder ein Röstaroma, wie wir es bisher bei keinem Weißburgunder vorgefunden hatten. Das Bouquet ist ein Erlebnis. Süße Tabak-Noten, Vanille und Mandelnoten – ein perfekter Weißwein für die kältere Jahreszeit.
2020er Chardonnay
Thörle Chardonnay – Rheinhessen
Für einen Gutswein ist dieser Chardonnay einfach stark. Im Burgund würde man für das „kleine“ Geld nahezu keinen Chardonnay dieser Güte bekommen. Zu 100 % im Holzfass vergoren, allerdings ein schwach getoastetes Holz. Bedeutet, dass das Holz auf keinen Fall dominiert, aber wunderschön abrundet. Die exotischen Noten, die der Chardonnay einfach hergibt, sind hier spürbar. Ein toller Chardonnay im Gutsweinbereich.
Wagner-Stempel Chardonnay „Reserve“ – Rheinhessen
Dieser Chardonnay ist unserer Meinung nach „Next Level“. Dieser Wein hat keinen biologischen Säureabbau gemacht, obwohl er im Rotweinkeller des Weinguts reifen durfte. Klingt im ersten Moment erstmal nach „Ziel verfehlt“. Am Ende ist genau diese Säure aber das absolute Highlight. In Barriques gereift, aber durch die frische Fruchtsäure ist das Barrique nicht dominierend, sondern nur unterstützend. Ein Gemälde aus exotischen Früchten wie Banane, Mango, Passionsfrucht, frische Säure und die Barrique-Nuancen. Purer Wahsinn!
2020er Riesling
Allendorf Winkeler Riesling – Rheingau
Allendorf Riesling aus der Ortswein-Serie ist die pure Visitenkarte des Weinguts. Spontanvergoren, würzig-hefige Noten gepaart mit den klassischen Kernobst-Nuancen. VDP. Ortsweine dieser Qualität erhält man selten für unter 15,00 €. Einen Grund mehr, diesen 10,00 € Riesling dringend einmal zu probieren.
J.J. Prüm Graacher Himmelreich Riesling Kabinett – Mosel
Bei Kabinett-Weinen graust es dem einen oder anderen vermutlich: „Das ist doch immer so eine süße Plörre…“ Wir wollen Sie in dem Fall einmal vom Gegenteil überzeugen. Das Weingut J.J. Prüm von der Mosel ist vermutlich mit Abstand das Maß aller Dinge in Deutschland in Bezug auf das Keltern von feinfruchtigen Rieslingen. Was hier an penibler Herkunftserscheinung in den Weinen existiert, ist schlichtweg gigantisch. Die Weine besitzen eine so präzise Säure, sodass die Feinfruchtigkeit der Weine zwar den Kern ausmacht, aber diese Säure lässt die Weine deutlich trockener erscheinen. Feine Frucht, messerscharfe Säure, präzise Mineralität. Prüms Rieslinge sind einfach weltklasse.
Emrich-Schönleber Riesling Frühlingsplätzchen GG
Ein Großes Gewächs wollten wir Ihnen gerne vorstellen, wo wir jetzt schon sagen, dass das Potenzial hat. Das Frühlingsplätzchen steht in vielen Jahren im Schatten des Monzinger Halenbergs. Die Paradelage räumt jährlich einen Preis nach dem anderen ab. Das Frühlingsplätzchen spielt häufig nur die zweite Geige. Jahrgang 2020 deutet jedoch an, dass das Frühlingsplätzchen sogar der größere Wein sein wird. Er ist jetzt schon offener als der Halenberg und deutet in einem weiteren warmen Jahr wie 2020 an, was Kräuterigkeit und Rauchigkeit im Riesling bedeutet. Minimal phenolisch und ätherisch, hinten am Gaumen aber immer die typische Schönleber-Kühle. Sie können dieses GG schon jetzt genießen und werden dem Wein etwas abgewinnen können. Er wird in den nächsten Jahren aber natürlich noch deutlich zulegen. Unsere Empfehlung: Jetzt das eine oder andere Fläschen kaufen und alle drei Jahre das Ding auf die Probe stellen. Große Rieslinge verlangen leider große Geduld.
Unserem nächsten Beitrag widmen wir unserem Rotwein-Segment aus dem Jahrgang 2018, einem großen Jahrgang für Rotweine.